Reisetagebuch: Jerez – Andalusien, Spanien
- Angelique Werner

- 11. Aug.
- 3 Min. Lesezeit

Die Epoche des Weins aus Jerez: Andalusischer Schatz zwischen Geschichte, Terroir und Exzellenz
Eingebettet im Süden Spaniens, nur wenige Schritte vom Atlantik entfernt, ist Jerez de la Frontera weit mehr als nur eine andalusische Stadt. Sie ist die Wiege eines der emblematischsten Weine der Iberischen Halbinsel: des Weins von Jerez, oder Sherry auf Englisch. Berühmt für seine aromatische Fülle, seine Vielfalt an Stilrichtungen und seinen einzigartigen Herstellungsprozess, vereint dieser Wein Jahrhunderte an Geschichte, Tradition und handwerklicher Meisterschaft.


Eine jahrtausendealte Geschichte
Der Weinbau in Jerez begann lange vor der Ankunft der Römer. Die Phönizier, große Seefahrer und Händler der Antike, pflanzten um 1100 v. Chr. die ersten Rebstöcke. Unter der römischen Herrschaft war die Region bereits für die Qualität ihrer Weine bekannt, die im gesamten Imperium exportiert wurden. Mit der arabischen Invasion im 8. Jahrhundert überlebte der Weinbau trotz religiöser Einschränkungen – oft dank der Toleranz gegenüber einer Produktion zu medizinischen Zwecken. Mit der Reconquista und der Rückkehr der Christen im 13. Jahrhundert erlebte der Weinbau eine erneute Blütezeit. Im 16. Jahrhundert entdeckten englische Händler den Wein aus Jerez, verliebten sich in ihn und verbreiteten ihn in der ganzen Welt. Sogar Shakespeare erwähnt den „sherris sack“ in seinen Werken und verankerte diesen Nektar in der britischen Kultur.

Eine unvergleichliche Vielfalt an Weinen aus Jerez
Jerez ist nicht nur ein einzelner Wein, sondern eine ganze Familie von Weinen aus demselben Terroir. Zu den bekanntesten Typen gehören:
Fino: Trocken, sehr hell, unter einer Hefeschicht (flor) gereift – der leichteste und delikateste Stil.
Manzanilla: Ein Verwandter des Fino, ausschließlich in Sanlúcar de Barrameda produziert, mit maritimem Mikroklima.
Amontillado: Beginnt wie ein Fino, erfährt dann eine langsame Oxidation – frisch und komplex zugleich.
Oloroso: Ohne flor gereift, reich, rund, tief und oft kräftiger.
Palo Cortado: Eine seltene Mischung aus Amontillado und Oloroso.
Cream, Medium, Pedro Ximénez (PX): Süß, aus getrockneten Trauben, ideal als Digestif oder zu Desserts.
Die Rebsorten als Erbe
Die Weinregion Jerez basiert auf drei Hauptrebsorten:
Palomino Fino: Die Königsrebe von Jerez – elegant, aber neutral, ideal, um Terroir und Reifungstechnik auszudrücken.
Pedro Ximénez: Sehr zuckerreich, Grundlage für die süßesten Sherrys.
Moscatel: Weniger verbreitet, mit blumigen und fruchtigen Noten, ideal für süße Sherrys.

Die Kunst der Herstellung: Criadera und Solera
Das Solera-System ist eine weltweit einzigartige dynamische Reifungsmethode. Der Wein wandert durch mehrere Fassreihen (criaderas), von den jüngsten bis zu den ältesten, was einen gleichbleibenden Stil und höchste Qualität garantiert. Durch das Mischen von alten und neuen Jahrgängen erhält der Jerez seinen unverwechselbaren Charakter.
Kulinarische Harmonie: Ein Wein für jeden Moment
Jerez ist ein gastronomisches Chamäleon:
Fino passt perfekt zu Meeresfrüchten, Sushi oder iberischem Schinken.
Amontillado harmoniert mit Geflügel, Pilzen oder cremigen Suppen.
Oloroso begleitet Wildgerichte oder gereiften Käse.
Süße Sherrys wie PX runden Desserts mit Schokolade, Crêpes oder sogar gebratener Gänseleber ab.
Tío Pepe: Legendärer Botschafter
Es ist unmöglich, über Jerez zu sprechen, ohne Tío Pepe zu erwähnen – ein Weingut, das 1835 von Manuel María González gegründet wurde. Der Name ist heute ein weltweites Symbol andalusischer Weinkunst. Sein Fino, erkennbar am weißen Etikett und der ikonischen Figur mit Hut und Gitarre, ist legendär.
Das Weingut González Byass verbindet Innovation und Tradition: Es bewahrt jahrhundertealte Soleras und investiert in den Weintourismus mit einem immersiven Rundgang durch historische Bodegas, exotische Gärten und einer „Weinkathedrale“, die den großen Museen würdig ist.
Das Anwesen umfasst bedeutende Bodegas wie die „Bodega de la Concha“, entworfen von Gustave Eiffel, oder die „Bodega Los Apóstoles“, die jahrhundertealte Fässer beherbergt – einige davon für Persönlichkeiten wie König Alfons XIII. oder Winston Churchill reserviert. Tío Pepe organisiert zudem das jährliche Tío Pepe Festival, bei dem Musik, Gastronomie und Wein in einer elektrisierenden mediterranen Atmosphäre verschmelzen.https://www.tiopepe.com/int-en
Auch für Firmenevents bietet Tío Pepe riesige Flächen für Empfänge, Konferenzen, Seminare und Produkteinführungen – mitten im Fasskeller und mit ganz besonderem Charme.

Die Schätze neben dem Wein: Der Essig aus Jerez
Unter den Nebenprodukten ist der Essig aus Jerez ein kulinarisches Juwel. Ebenfalls im Solera-System gereift, entwickelt er komplexe, holzige Aromen. Er verfeinert Salate, Marinaden oder Saucen ebenso wie ein Balsamico-Essig aus Modena. Man unterscheidet:
Reserva: Mindestens 2 Jahre gereift.
Gran Reserva: Über 10 Jahre gereift.

Fazit: Eine Welt für sich
Der Wein aus Jerez ist ein sensorisches, kulturelles und historisches Universum. Er erzählt von Andalusien, Geduld und Tradition. Er beweist, dass ein Terroir, wenn es gepflegt wird, unsterbliche Weine hervorbringen kann. Ob neugieriger Einsteiger oder passionierter Kenner – eine Verkostung von Jerez ist immer eine Reise. Und was könnte ein schöneres Ziel sein als Jerez de la Frontera, wo jedes Glas tausend Jahre Geschichte erzählt?
















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